Gemeinde Allschwil

Kultur Allschwil – quo vadis?

24.06.2022

Die Gemeinde Allschwil erarbeitet zurzeit ein Kulturleitbild und eine Kulturstrategie. Am 20. August 2022 kann die interessierte Öffentlichkeit an einem Zukunftsworkshop alles über den aktuellen Stand des Prozesses erfahren, sich selbst einbringen und somit die Stossrichtung der künftigen Allschwiler Kultur mitbestimmen.

Im Vorfeld der «Zukunftswerkstatt Kultur» bringt das AWB eine dreiteilige Interviewreihe mit den Projektverantwortlichen seitens der Einwohnergemeinde Allschwil, die über den Prozess der Überarbeitung des neuen Kulturleitbildes inklusive Kulturstrategie und deren Ziele, Beweg- und Hintergründe Auskunft geben. Den Auftakt machte Jean-Marc Wyss, Leiter der Fachstelle Kultur, gefolgt von Andreas Bammatter, dem ressortverantwortlichner Gemeinderat Kultur. Den Abschluss macht heute ein Interview mit der Kulturvermittlerin Katrin Rieder, die über die Chancen in der Entwicklung und Gestaltung von Visionen im Kulturbereich und im Rahmen von partizipativen Prozessen für grosse Gemeinden und Städte wie Allschwil erzählt.

Sehr geehrter Frau Rieder, Sie begleiten und unterstützen die Fachstelle Kultur als Teil des Beratungsnetzwerkes «motiv-ch» bei den Arbeiten für ein neues Kulturleitbild und eine ebensolche Strategie. Welche Aufgabe(n) übernehmen Sie mit Ihrem Team in diesem Prozess?
Die Gemeinde Allschwil hat sich entschieden, diesen Prozess partizipativ durchzuführen. Kulturleitbild und Kulturstrategie werden nicht still an einem Schreibtisch verfasst. Der gesamte Gemeinderat arbeitet aktiv mit, es gibt eine Begleitgruppe, die sich wiederholt einbringt, und Ende August eine Zukunftswerkstatt, zu der die gesamte Bevölkerung Allschwils eingeladen ist. Die partizipative Erarbeitung solcher Strategiepapiere ist von grosser Bedeutung, denn nur so kann eine Gemeinde eine gemeinsame «Kulturvision» erarbeiten und verfolgen. Da in einem solchen Prozess – mit aktiver Beteiligung vieler Anspruchsgruppen – unterschiedliche Bedürfnisse aufeinandertreffen, ist Unterstützung von aussen sinnvoll, meines Erachtens sogar notwendig, schon allein für die Moderation der Workshops. Begegnen sich verschiedene Wünsche und Ansichten, birgt dies auch ein gewisses Spannungspotential. Deshalb kann es sehr sinnvoll sein, wenn die Moderation und Vermittlung zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgruppen von Externen übernommen werden, die keinen Bezug zur Gemeinde haben. Die Fachstelle Kultur ist auf motiv-ch.ch zugekommen, weil wir über langjährige Erfahrung in der Begleitung von Strategieentwicklungsprozessen verfügen.

Sie haben die Gemeinde Allschwil und ihr kulturelles Engagement nun gut kennen gelernt? Als Beraterin kennen Sie auch andere Körperschaften und Gemeinden hinsichtlich ihres kulturellen Wirkens: Wo steht Allschwil in diesem Vergleich?
Das ist eine schwierige Frage. Was auffällt: Allschwil versteht sich als Dorf, angesichts der Bevölkerungszahl gilt Allschwil aber auch als Stadt. Allschwil ist Vorortsgemeinde von Basel und zugleich die bevölkerungsreichste Gemeinde im Kanton Basel-Landschaft – eine Position, die in anderen Kantonen dem Hauptort oder einer Zentrumsgemeinde zukommt, mit wichtigen Kulturinstitutionen für das gesamte Kantonsgebiet. Mit Blick auf das heutige Kulturbudget der Gemeinde zeigt sich, dass Allschwil verhältnismässig wenig in die Kultur investiert – auch im Vergleich mit anderen Gemeinden des Kantons – und dass die Gemeinde keine grossen Kulturinstitutionen trägt. Das Vereinsleben ist lebendig, die Traditionen werden mit Herzblut gepflegt, der alte Ortskern ist geprägt von wunderschönen Riegelbauten. Doch dort hört Allschwil nicht auf: In den grossen Quartieren, insbesondere den an Basel grenzenden, wohnen auch viele Neuzugezogene, es werden verschiedene Sprachen gesprochen, ob von Ex-Pats, Elsässerinnen und Elsässern oder Menschen mit einer weiter entfernten kulturellen Herkunft. Deshalb ist es wichtig, dass das kulturelle Leben nicht nur auf den Dorfkern konzentriert wird, sondern auch in den Aussenquartieren stattfindet. Alles in allem: eine überaus spezielle, meines Erachtens auch einzigartige Ausgangslage.

Was macht Allschwil bezüglich «Kultur in der Gemeinde für die Bevölkerung» besonders gut?
Die Schaffung der Fachstelle Kultur vor einigen Jahren war sicher ein wichtiger erster Schritt, um das Kulturleben der Gemeinde zu fördern. Eine Gemeinde dieser Grösse benötigt professionelle Strukturen und entsprechendes Knowhow, um als Schaltstelle zwischen der Politik und den aktiven Kulturschaffenden zu wirken und deren Anliegen in die Verwaltung und die Politik einzubringen. Dass die Gemeinde nun die Initiative ergriffen hat für die Überarbeitung des Kulturleitbilds und für die Entwicklung einer sich darauf stützenden Kulturstrategie, ist nur folgerichtig. In den beiden bisherigen Workshops mit dem Gemeinderat zeigte sich sein grosses Engagement und das hohe Verantwortungsbewusstsein für das kulturelle Leben der Gemeinde. Dies ist nicht selbstverständlich; aber es ist natürlich eine wunderbare Voraussetzung für diesen Prozess.

Sind ein neues Leitbild und eine neue Strategie dazu in der Lage, allfällig vorhandene Defizite in der kulturellen Arbeit einer Gemeinde aufzufangen?
Kultur ist von grosser Bedeutung für eine Gemeinde, und zwar in vielfältiger Hinsicht: Für das Zusammenleben und das Zugehörigkeitsgefühl, für die Identifikation mit dem Wohnort und als Grundlage für das demokratische Gemeinwesen. Auch für die Wirtschaft ist Kultur ein förderlicher Standortfaktor, denn Kunst und Design bieten eine Plattform und Inspiration für Unternehmen und ihre Produkte. Dies zu erkennen ist ein erster wichtiger Schritt, um eine umfassende Kulturstrategie zu entwickeln, die das Potential und die Wichtigkeit des kulturellen Lebens einer Gemeinde berücksichtigt.

Welches sind denn generell die Knackpunkte bei der Erarbeitung von Kulturleitbild und -strategie?
Ein Leitbild muss Wirkung entfalten. Es darf nicht in der Schublade verschwinden. Deshalb bereitet Allschwil gleichzeitig die nächsten Schritte vor: Die Erarbeitung der Kulturstrategie und konkrete Massnahmen, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Wichtig ist die breite Abstützung, wie ich vorhin schon gesagt habe: Würde ein Leitbild an einem Schreibtisch verfasst, dann sind es vielleicht schöne Worte und hehre Werte. Jede Gemeinde braucht eine auf ihre spezifische Realität hin ausgerichtete Kulturstrategie, damit sie auch verankert ist und auf die Bedürfnisse vor Ort reagiert. Nur wenn alle Anspruchsgruppen sich einbringen, wenn die Bevölkerung mitdiskutiert und das Leitbild gemeinsam entwickelt wird, kann es seine Wirkung entfalten und seine strategisch wichtige Funktion einnehmen, indem es Orientierung bietet und künftige Veränderungen begünstigt.

Am 20. August findet in Allschwil ein grosser «Zukunftsworkshop Kulturstrategie» statt: Welche Erwartungen setzen Sie in diese öffentliche Veranstaltung?
Es ist der Moment, an dem sich alle in die künftige Ausgestaltung des Kulturlebens in Allschwil einbringen können. Junge und ältere Menschen, Traditionsorientierte und Kunstliebhaberinnen, Musikvereine und Schulbands, Leseratten und Fasnächtlerinnen. Es ist der Zeitpunkt, die Schienen neu auszurichten und gemeinsam die Zukunft zu gestalten: Die Grundlagen zu legen für das künftige Kulturleben in der Gemeinde Allschwil. Alle kulturell aktiven Gruppen und interessierten Einzelpersonen sollten diese Gelegenheit nutzen: Bringen Sie sich aktiv ein, entwickeln Sie Ideen, diskutieren Sie mit. Ich erhoffe mir insbesondere eine rege Beteiligung der jüngeren Generationen, von Schülerinnen und Schülern und Jugendgruppen, damit auch ihre Bedürfnisse, etwa für Orte und Räume der Jugend- und Freizeitkultur, gehört werden. Auch hoffe ich, dass Migrantinnen und Migranten und Ex-Pats diesen Aufruf hören, damit sie ihre Wünsche und ihre Sicht auf das Kulturleben des Dorfes einbringen. Nur wer teilnimmt, kann mitreden und mitgestalten. Die Zukunftswerkstatt ist der Ort, Ideen zu entwickeln und andere für eigene Ideen zu begeistern – damit die Vorschläge dann auch in die Kulturstrategie einfliessen. Es ist also der Moment zum Mitmachen. Für alle.

Frau Rieder
Legende: Kulturvermittlerin Katrin Rieder erläutert an einem internen Workshop das Vorgehen bei der Erarbeitung des Kulturleitbildes.

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