14.05.2013
Christian Engels von der Allschwiler Schulleitung über Harmos, deren Auswirkungen auf die Primarschule Allschw...
Mehr Einwohner, mehr Kinder, eine veraltete Schulinfrastruktur, die den heutigen Anforderungen nicht mehr genügt – das sind nur einige Gründe, warum Allschwil die neue Schulanlage Gartenhof unbedingt benötigt. Ein weiterer Grund versteckt sich hinter dem schon oft gehörten Begriff Harmos. Christian Engels von der Allschwiler Schulleitung über Harmos, deren Auswirkungen auf die Primarschule Allschwil und die Pluspunkte des neuen Schulhauses.
Herr Engels, für was genau steht der oft gehörte Begriff Harmos?
Christian Engels: Harmos steht für die interkantonale Vereinbarung vom Juni 2007 über die Harmonisierung der obligatorischen Schule. Dieses Konkordat vereinheitlicht Dauer und Strukturen, benennt nationale Bildungsziele, bezeichnet Instrumente der Qualitätsprüfung. Es harmonisiert den Lehrplan auf sprachregionaler Ebene, legt zudem z.B. Grundsätze für den Fremdsprachenunterricht, für die Einrichtung von Blockzeiten oder von Tagesstrukturen fest. Der Kanton Baselland ist dem Harmos-Konkordat mit der Volksabstimmung vom Herbst 2010 beigetreten. Gleichzeitig wurde auch dem Beitritt zum Konkordat Sonderpädagogik zugestimmt. Dieses ermöglicht schulpflichtigen Kindern mit sonderpädagogischen Bedürfnissen grundsätzlich den Besuch der öffentlichen Schulen. Nur noch in besonderen und klar begründeten Fällen werden Kinder separativ an Sonderschulen unterrichtet.
Wann tritt Harmos in Kraft?
Harmos ist am 1. August 2009 mit einer Übergangsfrist von sechs Jahren in Kraft getreten. Auf das Schuljahr 2015 /2016 hin müssen wir auch in Allschwil mit der vorbereitenden Umsetzung fertig sein.
Was bedeutet „fertig sein“ konkret für die Gemeinde Allschwil?
Dies bedeutet eine echte Herausforderung auf verschiedenen Ebenen. Zudem starten zahlreiche Änderungen erst 2015 / 2016. Allschwil muss die räumlichen Strukturen schaffen, damit zum Beispiel die 6. Klasse aufgenommen werden kann, welche dann neu zur Primarschule gehören wird. Es müssen Zimmer vorhanden sein für den Fremdsprachenunterricht, der teilweise im Parallelunterricht stattfindet. Ausserdem für den individualisierenden Unterricht, wo Kinder in unterschiedlichen Gruppengrössen lernen. Der zunehmende Bedarf an Unterstützung für Kinder z.B. mit fremdsprachigem Hintergrund oder für Kinder mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf erfordert entsprechend ausgerüstete Räumlichkeiten, die die bisherigen Schulstandorte bei uns nicht aufweisen. Die Tagesschule wurde vor zwei Jahren in einem Provisorium an der Gartenstrasse in Betrieb genommen und erfordert nun mit ihrem Wachstum angepasste Räumlichkeiten für den Betrieb und Flexibilität für zukünftige Anforderungen. Zudem müssen Lehrpersonen vermehrt in Teams in der Schule arbeiten und gemeinsam vorbereiten können. Es gilt also die entsprechende Infrastruktur aufzubauen. Bisher gibt es für die 130 Lehrpersonen des Kindergartens und der Primarschule nur gerade eine Arbeitsplatz mit Computer und Internet pro Schulhaus, insgesamt deren fünf. Ein effizientes, zeitgemässes Arbeiten ist so schlicht verunmöglicht.
Das heisst, dass in Allschwil die bisherige Kindergarten- und Schulwelt total neu gestaltet werden muss. Welches sind dabei die grössten Herausforderungen?
Kantonale Entscheide und Vorgaben kommen oft verhältnismässig spät, stehen noch aus oder werden sich nochmals verändern. Auch die konkreten Kinderzahlen sind eine äusserst schwierig zu kalkulierende Grösse und unterliegen Schwankungen. Erschwerend ist, dass sehr unterschiedliche und tiefgreifende Veränderungen ziemlich zeitnah umgesetzt werden sollen. Dazu erfordert das Wachstum Allschwils laufend aufwändige Anpassungen, etwa bei der Integration fremdsprachiger Kinder oder bei der Bildung zusätzlicher Klassen. Man darf nicht vergessen, dass das Schulhaus Schönenbuchstrasse und das Schulzentrum bestehen bleiben werden und beide derzeit bereits am Rand ihrer Kapazitäten laufen. Beide Standorte sind überhaupt nicht auf die neuen Strukturen ausgelegt. Sämtliche Anpassungen sind an beiden Standorten mit hohem Aufwand verbunden.
Wie viele Kinder gehen denn in Allschwil überhaupt zur Schule?
Für den Kindergarten sind ab August derzeit 318 Kinder, in der Primarschule 826 Kinder gemeldet, insgesamt also rund 1150 Kinder.
Gibt es noch Baustellen, die Anlass zur Sorge geben?
Da wir bei den Zahlen sind: Die von der Gemeinde 2010 in Auftrag gegebene Studie zur Erhebung zukünftiger Kinderzahlen, die unter anderem massgebend war für die Planung der neuen Schulanlage, prognostiziert noch in diesem Jahrzehnt einen weiteren Anstieg bis auf etwa 1500 Kinder. Alleine die Menge der Kinder, der Bedarf an qualifizierten Lehrpersonen, auf zukünftige Unterrichtsformen und -inhalte nicht ausgelegte Schulhäuser mit einer veralteten Infrastruktur. Die Schule wird auf Jahre eine Grossbaustelle bleiben, auf der „business as usual“ stattfinden können soll. Da gilt es zu unzähligen Dingen äusserst Sorge zu tragen und den Helm immer dabei zu haben.
Am offensichtlichsten sind die Auswirkungen im Bereich Schule: Auch als Folge von Harmos entsteht die neue Schulanlage Gartenhof…
Am Anfang stehen eher die beiden Schulhäuser Bettenacker und Gartenstrasse. Beide müssten sehr teuer totalsaniert, den neusten Bauvorschriften angepasst und dazu stark erweitert werden. Die neue Schulanlage Gartenhof deckt unter anderem den Raumbedarf ab, der durch die Schliessung der Schulhäuser und durch den Bevölkerungszuwachs entsteht. Mit einem Neubau besteht die Möglichkeit, Schulraum zu erhalten, der den Erwartungen der Bevölkerung an zeitgemässem Unterricht entspricht. Es darf nicht vergessen werden, dass das neueste Schulhaus in Allschwil, das Schulzentrum Neuallschwil, auch schon bald 40 Jahre alt ist. Die Schulhäuser Gartenstrasse und der Altbau an der Schönenbuchstrasse sind beide über 100 Jahre alt. Keines verfügt über Gruppen-räume, keines über die technischen Möglichkeiten, welche wir in Schulgebäuden anderer Gemeinden kennen.
Sie waren als Schulleiter von Anfang an beim Grossprojekt „UnS“ integriert. Entspricht das neue Allschwiler Schulhaus Ihren Vorstellungen der „Schule von Morgen“?
Die Gesamtschulleitung von Kindergarten und Primarschule Allschwil, die wir zu dritt bilden, ist der Auffassung, dass das Siegerprojekt „Regenbogen“ aus den engen und schwierigen Rahmenbedingungen der Gemeinde das optimalste Gesamtpaket herausarbeiten konnte. Es ermöglicht eine vielfältige Nutzung und bietet eine grosse Flexibilität im Innenraum, die eventuell erforderliche Anpassungen in Zukunft erlaubt. Das Nutzen von Synergien wird sicher sehr gut möglich sein. Es entsteht ein Ort, der in seiner Transparenz eine lebensbejahende und vielfältige Form des Lernens auf Primarschulstufe ermöglicht. Entscheidend für das Wohlsein und den Lernerfolg bei den Kindern werden aber auch in der “Schule von Morgen“ tolle, engagierte Lehrerinnen und Lehrer sein.
Was zeichnet denn die neue Schulanlage besonders aus?
Es sind sicher die Klassenzimmer mit ihren Gruppenräumen, der gesamte lichtdurchflutete Innenraum, der ebenfalls als Lernumgebung genutzt werden kann. Endlich eine Aula, die diesen Namen verdient, die auch der Musikschule und der ganzen Bevölkerung neue Möglichkeiten der Nutzung eröffnet. Eine Turnhalle, mit auch von jüngeren Kindern handhabbaren Geräteräumen, allgemein eine der heutigen Zeit angepasste technische Infrastruktur, eine ermöglichte Tagesschulkultur usw. Der Pausenplatz mit seinen verschiedenen Zonen wird sich in einigen Jahren als toller Spiel- und Sportplatz auch ausserhalb der Unterrichtszeiten etablieren. Die Schule macht mit dem Neubau einen Quantensprung, denn es ist sehr lange nicht mehr perspektivisch in die bisherigen Schulhäuser investiert worden.
Es ist in der Öffentlichkeit vereinzelt die Rede von einem überproportionierten Raumprogramm: Ist das neue Schulhaus zu grosszügig geplant?
Der Schulleitung liegt viel am Erhalt von bisherigen Spiel- und Bewegungsflächen unserer Kinder. Es scheint in der Öffentlichkeit aber nur wenig bekannt zu sein, wie eng die aktuellen Unterrichtsverhältnisse teilweise sind – bei gleichzeitig ständig steigenden Ansprüchen auf Unterrichtsqualität und durchzuführenden Integrationen mit besonderen Bedürfnissen. Allschwil wächst weiter, die Kinderzahlen ebenso. Es soll sich nicht wiederholen, was andernorts passierte: Schon beim Bezug eines neuen Schulhauses wurde festgestellt, dass es eigentlich bereits zu klein war…..
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